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FrictionHarmonics erleichtert den Industrieeinsatz von FSW

KiScan, ein nichtlinearer Ultraschalltest (NLUT), kann beim Rührreibschweißen „Kissing Bonds“ mit Abmessungen von nur 0,3 mm erkennen.

   

TWI hat als Teil einer Gruppe von Kooperationspartnern im FrictionHarmonics-Projekt mitgearbeitet, um eine Lösung für den nichtlinearen Ultraschalltest (NLUT) zu entwickeln, die die Einführung des Rührreibschweißens (FSW) in der Luft- und Raumfahrt sowie der Automobilindustrie erleichtern wird.

Das Projekt, das von Horizon 2020 finanziert wird, begann im Oktober 2018 und soll bis Februar 2021 laufen. TWI arbeitet mit Vermon, I KNOW-HOW, Coşkunöz Holding und RI.SE an der Weiterentwicklung eines NLUT-Systems, das unter dem Namen KiScan vermarktet werden wird.

KiScan ist in der Lage, sogenannte „Kissing Bonds“ mit Abmessungen von nur 0,3 mm zu erkennen. Damit kann das Rührreibschweißen auch für Teile und Komponenten eingesetzt werden, die derzeit noch durch Nieten oder mechanische Fügeverfahren verbunden werden, so dass die Produktionsdurchlaufzeiten verkürzt werden.

 

Rührreibschweißen und der Bedarf für FrictionHarmonics

Rührreibschweißen ist ein 1991 am TWI entwickeltes Schweißverfahren, das insbesondere beim Schweißen von Aluminiumlegierungen wesentliche Vorteile gegenüber anderen Fügeverfahren bietet. Mit minimalem Vorbereitungsaufwand vor der Schweißen und ohne Wärmebehandlung nach dem Schweißen ist FSW drei- bis viermal schneller als das Lichtbogenschweißen. Es verbraucht kein Schutzgas und weniger Energie und vermeidet Belästigungen durch Lärm, Funken, Spritzer, Rauch oder Dämpfe. FrictionHarmonics und das KiScan-System werden auch zum Umweltschutz beitragen, da die durch FSW erzielte Gewichtsreduzierung zu einem geringeren Kraftstoffverbrauch und damit zu einer Verringerung der Emissionen führt.

Allerdings ist FSW nicht immer ganz unproblematisch. In einigen Fällen kann es zu unvollständiger Durchschweißung zwischen den beiden Stoßflächen kommen – ein Effekt, der als „Kissing Bonds“ bekannt ist. Diese Defekte können im Betrieb Risse auslösen, wodurch die Dauerfestigkeit der Verbindung vermindert wird, was möglicherweise zum Versagen der Struktur führen kann. Diese Kissing Bonds sind zwar klein, können aber einen großen Einfluss auf die Verfahrensauswahl und -einführung in der metallverarbeitenden Industrie haben. Darüber lassen sie sich mit den vorhandenen zerstörungsfreien Prüfverfahren nur schwer erkennen und ungenau vermessen. Die Forschungsarbeit des FrictionHarmonics-Konsortiums hat ergeben, dass die Ermüdungslebensdauer von Rührreibschweißnähten stark reduziert ist, wenn Kissing Bonds existieren. Ein 0,67 mm tiefer Kissing Bond kann in dynamisch belasteten Bauteilen die Rissbildung auslösen, wodurch die Ermüdungslebensdauer um 91% im Vergleich zum Grundwerkstoff reduziert wird.

Obwohl Rührreibschweißen bereits weltweit von vielen Industriebetrieben eingesetzt wird, um jedes Jahr Tausende von Schweißnahtkilometern mit einem jährlichen Wert von etwa 750 Mio. € herzustellen, werden mit dem Verfahren nach wie vor erst weniger als 10% der Schweiß- und Fügearbeiten in der Luft- und Raumfahrtindustrie durchgeführt.

Über FrictionHarmonics

Das im FrictionHarmonics-Projekt entwickelte KiScan-System verwendet ein nichtlineares Ultraschallverfahren, das speziell für die Prüfung von Kissing Bonds in Rührreibschweißnähten entwickelt wurde. Da Kissing Bonds sehr eng zusammengepresste Fehlstellen sind, führen sie zum sogenannten „Klirren, Klappern und Quietschen“, wenn sie durch ein Ultraschall-Eingangssignal angeregt werden. Dadurch werden harmonische Oberschwingungen des Eingangssignals erzeugt (Abbildung 1). 

Wenn Ultraschall mit finiter Amplitude ein Gebiet mit nichtlinearen Eigenschaften durchläuft, erzeugt er akustische Oberwellensignale höherer Ordnung. Das KiScan-System nutzt den akusto-elastischen Effekt und die Klirrfaktormessung zur Untersuchung von Schweißnahtfehlern. Dabei werden mit Wellen mit finiter Amplitude, das sind Wellen, deren Amplitude im Vergleich zur Wellenlänge und Fehlergröße keineswegs klein ist, akustische Oberschwingungen erzeugt und gemessen, die durch die Wechselwirkung der Ultraschallwelle mit Nichtlinearitäten im Material erzeugt werden.

 

Aktueller Fortschritt

TWI hat auf seinem reichen Erfahrungsschatz aufgebaut, um die Technik des nichtlinearen Ultraschalls zu einem voll funktionsfähigen Nachweissystem reifen zu lassen, das im ZfP-Labor des TWI in Middlesbrough an Dickblechstrukturen validiert wurde. Die Aufgabenstellung beinhaltete den Entwurf und die Entwicklung neuer Hardware für das System, um die Betriebs- und Marktanforderungen hinsichtlich Abmessungen, Gewicht und Herstellungskosten zu erfüllen.

TWI profitierte von früheren Erfahrungen in verwandten Bereichen, um den NLUT-Scanner zu einem voll funktionsfähigen FrictionHarmonics-Prototypen weiterzuentwickeln, der an Dickblechstrukturen in der FSW-Anlage im Labor des TWI in der Nähe von Sheffield validiert wurde. Auch diese Arbeit erforderte das Hinzufügen und Optimieren neuer Hardware.

Der NLUT-Scanner ist seit über 18 Monaten betriebsbereit, was die Integration und Inbetriebnahme neuer Hard- und Software ermöglicht hat, um die Robustheit im Vorfeld von Umwelttests sicherzustellen. In der Rührreibschweißanlage am TWI Yorkshire wurde das System erprobt, um festzustellen, wie der Scanner in einer industriellen Produktionsumgebung funktioniert. Das Detektionssystem hat erfolgreich eine gute Genauigkeit und Wiederholbarkeit demonstriert (siehe Abbildung 2) und damit den Technology Readiness Level TRL7 erreicht.

Vorbereitung für die kommerzielle Vermarktung

Die nächste Phase des Projekts wird eine weitere Anpassung der KiScan-Software umfassen, um eine benutzerfreundliche grafische Benutzeroberfläche zu integrieren. Die letzte Phase des Projekts wird die Zertifizierung für die sichere Nutzung des Systems sein, um sicherzustellen, dass es marktreif ist. Das System wird ab Februar 2021 als KiScan kommerziell auf den Markt gebracht, woraufhin die Industrie zu Vorführungen des Systems eingeladen wird.

Wenn Sie an einer Demonstration des KiScan-Systems interessiert sind, senden Sie bitte eine englischsprachige E-Mail an:

kontakt@twi-deutschland.com

Abbildung 1: Verhalten des Eingangsimpulses nach der Wechselwirkung mit einem Kissing-Bond-Defekt
Abbildung 1: Verhalten des Eingangsimpulses nach der Wechselwirkung mit einem Kissing-Bond-Defekt
Abbildung 2: Genauigkeits- und Wiederholbarkeitsuntersuchung
Abbildung 2: Genauigkeits- und Wiederholbarkeitsuntersuchung
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